Im Weserrenaissance-Museum Schloss Brake in Lemgo zeichnet sich eine kleine Sensation ab: Nachdem dem Haus erst kürzlich der Kupferstich „Drei bewaffnete Bauern“ von Albrecht Dürer dank der „Frauen für Lemgo“ als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt wurde, ist es den Kunsthistorikern nun tatsächlich gelungen, ein weiteres Dürer-Blatt zum Thema „Bauern“ im Kunsthandel zu entdecken. Das Kunstwerk trägt den Titel „Bauer mit Frau“ und ist um 1497 entstanden. Dank des Freundeskreises des Weserrenaissance-Museums konnte dieser Kunstschatz angekauft werden. Passend zur Vorweihnachtszeit hat der Freundeskreis dem Museum heute das spektakuläre Kunstwerk nicht nur überreicht, sondern geschenkt.

Das Blatt zeigt ein äußerst ungleiches Paar – eine gut gekleidete, elegante Dame und einen eher unwirschen Mann des niederen Standes, der sich der Dame in unangemessener Art und Weise nähert. „Offensichtlich verstößt der in seinen Bewegungen unkontrolliert wirkende Bauer gegen die soziale Ordnung und erhebt sich somit über seinen Stand“, verrät Dr. Heiner Borggrefe, stellvertretender Direktor des Weserrenaissance-Museums. Der treffendere Titel wäre demnach „Bauer und Dame“.

Dieses Werk steht – genau wie das andere Dürer-Blatt – im Zusammenhang mit den Bauernaufständen. Seit dem 13. Jahrhundert schwelten Unruhen in der Bauernschaft. In den deutschen Territorien kam es zwischen 1524 und 1526 zu bewaffneten Aufständen. Die Bauern lehnten sich gegen den Adelsstand auf. Als die Reformatoren die katholische Kirche vor allem wegen des Ablasshandels anprangerten, erhielten die Proteste weiteren Aufwind. Für ihre Auflehnung gegen die mittelalterliche Sozialordnung wurden die Bauern auch von Martin Luther heftig kritisiert. „… man soll sie zerschmeißen, würgen, stechen, heimlich und öffentlich, wer da kann, wie man einen tollen Hund erschlagen muss“, schreibt er 1525 in seiner Veröffentlichung „Wider die Mordischen und Reubischen Rotten der Bawren“.

Das Kunstwerk passt thematisch perfekt in die aktuelle Sonderausstellung „Mach’s Maul auf – Reformation im Weserraum“. Es wird direkt neben dem ersten Dürer-Blatt auf einer Staffelei ausgestellt und ab sofort der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. „Dieser fein gearbeitete Kupferstich ist eine großartige Ergänzung unserer umfangreichen Grafiksammlung“, betont Dr. Vera Lüpkes, Direktorin des Weserrenaissance-Museums.

Die Ausstellung ist noch bis zum 7. Januar zu bestaunen, und zwar dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr. Ohne Voranameldung kann man an den öffentlichen Führungen mittwochs, von 17 bis 18 Uhr, und sonntags, von 15 bis 16 Uhr teilnehmen. Gruppenführungen sind jederzeit nach Voranmeldung unter Tel. 05261-945025 möglich.

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