Heftige Sturmböen, Starkregen, Schneemassen, Lawinen: Sturmtief Benjamin bringt einen ersten Vorgeschmack auf winterliche Unwetter. Windgeschwindigkeiten von über 100 km/h, die Lübecker Altstadt unter Wasser, Teile von Wismar ebenso. Während die Behörden an der Nordsee vor einer Sturmflut warnen, fragen sich Hausbesitzer: Welche Versicherung kommt für mögliche Schäden auf? Welche Versicherungen brauchen Hausbesitzer und Mieter? Wer zahlt, wenn abgebrochene Äste aufs Auto fallen? Und welche Ansprüche haben Bahnkunden, wenn ihr Zug ausfällt?

 

Spaziergänge: Gefahr von oben.

Ganz wichtig: Wer bei Sturm und orkanartigen Böen nach draußen muss, sollte besonders vorsichtig sein. Bei schweren Unwettern können sich Dachziegel losreissen und auf die Straße knallen, Äste können durch die Wucht des Sturms vom Baum brechen. In Berlin lösten sich Fassaden­teile von einem Hochhaus an der Marzahner Promenade und stürzten herab. Verletzt wurde niemand. Von Spaziergängen im Wald raten Behörden dringend ab. Der Aufenthalt im Freien ist riskant. Wenn möglich, sollte man lieber im Haus bleiben.

 

Schäden am Gebäude:

Wohngebäudeversicherung. Sie ist für Schäden am Haus zuständig. Geld vom Versicherer gibt es aber erst, wenn ein Sturm mindestens Windstärke acht erreicht. Voraussetzung ist, dass der Kunde Schäden durch Sturm und Hagel in die Police aufgenommen hat. Ob es wirklich Stärke acht war, muss der Kunde nicht selber messen. Es reicht, wenn eine Wetterstation solche Sturmstärken in der betreffenden Gegend gemessen hat, urteilte das Oberlandesgericht Karlsruhe (Az. 12 U 251/04).

Die Versicherer ersetzen beispielsweise die Kosten für abgdeckte Dächer, abgeknickte Schornsteine oder Schäden am Haus durch umgestürzte Bäume. Nebengebäude wie Gartenhaus oder Garage auf dem gleichen Grundstück sind ebenfalls versichert, wenn sie in der Police vermerkt sind.

 

Elementarschaden-Zusatzversicherung.

Diese Police wird immer wichtiger. Denn Wetterexperten gehen davon aus, dass schwere Unwetter zunehmen. Der Schutz gilt vor allem bei Schäden durch Überschwemmungen, Erdrutsch, Lawinen, Erdbeben. Vor allem Stark­regen können überall niedergehen. Weil sie lokal eng begrenzt bleiben, oft auf einen Stadtteil oder nur einige Straßenzüge, während es ein paar Ecken weiter deutlich weniger regnet, sind sie kaum vorhersagbar.

Deshalb ist der Elemetarschaehnschutz auch in Gegenden wichtig, die fernab von einem Fluss oder von Bergen liegen, die also nicht direkt durch Hoch­wasser oder Lawinen bedroht sind (siehe Elementarschäden versichern). Die Police wird als Ergän­zung zur Gebäudeversicherung und zur Hausratversicherung angeboten. Leider bekommen Hausbesitzer, die in den vergangenen Jahren fünf oder zehn Jahren einen solchen Schaden hatten, oft keinen Vertrag. Unser Vergleich Gebäudeversicherungen zeigt empfehlenswerte Tarife, mit denen sich Haus­eigentümer schützen können. Für viele Versicherte lohnt sich ein Wechsel, denn die Unterschiede zwischen den einzelnen Tarifen sind enorm.

 

Wichtig: Wenn etwas passiert ist, muss der Hausbesitzer sich kümmern. Ihn trifft die so genannte Schaden­minderungs­pflicht. In der Praxis heißt das zum Beispiel, dass er ein vom Sturm eingedrücktes Fenster oder ein durch heruntergewehte Ziegel entstandenes Loch im Dach – soweit gefahr­los möglich – mit einer Plane abdecken muss, damit nicht noch mehr Regenwasser eindringt. Bundesländer wollen Soforthilfen kürzen

Nach Unwetterkatastrophen bieten Bundesländer manchmal finanzielle Unterstützung für Geschädigte an, die existenziell getroffen sind. Das kann sich ändern: Im Sommer 2017 haben die Regierenden der Länder angekündigt, die staatlichen Landeshilfen zu kürzen. Geschädigte Hausbesitzer sollen nur noch Geld erhalten, wenn sie nachweisen, dass sie sich erfolglos um einen Elementarschadenschutz bemüht haben oder ihnen dieser nur zu wirtschaftlich unzumutbaren Bedingungen angeboten worden ist.

Welche Nachweise Hausbesitzer vorlegen sollen, ist noch nicht bekannt. Der staatliche, von Bund und Ländern finanzierte Fluthilfefonds springt nur bei nationalen Katastrophen ein, beispielsweise im Jahr 2013: Damals waren elf Bundesländer von Überschwemmungen betroffen.

 

Häuser in der Bauphase:

Bauleistungsversicherung. Rohbauten sind besonders sturmgefährdet. Das betrifft nicht nur halbfertige Mauern, Gerüste oder Dachsparren. Auch das Material auf der Baustelle kann von einem Sturm umhergeschleudert werden. Die Bauleistungsversicherung übernimmt die Kosten für Schäden, die der Sturm am Rohbau und auf der Baustelle anrichtet. Dazu zählen zerstörte Bauteile oder -stoffe sowie auch alle notwendigen Handwerkerleistungen, um den Zustand vor dem Sturm wieder herzustellen.

 

Hauseigentümer mit DDR-Police:

Viele Hauseigentümer in Ostdeutschland haben als Wohngebäudeversicherung noch eine alte DDR-Police. Damit sind sie gut versichert, denn darin sind auch Überschwemmungsschäden enthalten. Heute führt die Allianz diese Policen weiter. Der Konzern hatte nach der Wende das Staatsversicherungsunternehmen der DDR übernommen.

 

Bäume nicht immer versichert:

Umfallen allein ist kein Schaden. Fürs Entsorgen eines umge­stürzten Baums zahlen Gebäudeversicherer nicht. Fällt der Baum zum Beispiel aufs eigene Grundstück und richtet weiter keinen Schaden an, muss der Besitzer selber das Zersägen und Entsorgen bezahlen. Ein Baum gilt nicht als „versicherte Sache“. Wer auch dies versichern möchte, muss eine Zusatzklausel vereinbaren. Oft trägt sie das Kürzel 7363.

Oder sie wird als Zusatzbaustein angeboten, beispielsweise „WG Plus“ bei der Huk. Dann sind die Kosten für das Entfernen und die Entsorgung von umgestürzten Bäumen versichert, wenn eine natürliche Regeneration nicht zu erwarten ist. Das gilt bei Blitzschlag und Sturm ab Windstärke acht. Haftpflicht oder Gebäudeversicherung? Weht ein Sturm einen Baum aufs Haus des Nachbarn, kommt es darauf an: Waren bereits Anzeichen für Krankheit oder fehlende Standfestigkeit sichtbar, muss der Baumbesitzer zahlen, oder seine Privathaftpflichtversicherung, wenn er eine hat. War keine Vorschädigung des Baumes sichtbar, trifft den Besitzer keine Schuld. Dann ist für den Schaden am Haus die Gebäudeversicherung des Nachbarn zuständig.

 

Bäume kontrollieren:

Stehen Bäume im Garten, sollte der Eigentümer sie regelmäßig kontrollieren. Eine Sichtkontrolle zweimal im Jahr reicht: einmal in belaubtem und einmal in nicht belaubtem Zustand (Bundes­gerichts­hof, Az. III ZR 225/2003). Doch sobald etwas verdächtig erscheint, zum Beispiel abgestorbenes Laub, dürre Äste, Beschädigungen oder auffallende Schiefstellungen, oder wenn der Stamm erkennbar durch Sturm oder Blitzschlag geschädigt ist oder Pilzbefall zeigt, muss er eingehend untersucht werden (OLG Hamm, Az. 9 U 144/2002).

Ist die Standsicherheit wegen des hohen Alters nicht mehr gegeben, muss der Besitzer den Baum fällen (BGH, Az. V ZR 319/02). Wer solche Schutzmaßnahmen unterlässt, verstößt gegen die Verkehrssicherungspflicht. Unter Umständen haftet er sogar dann, wenn dem Baum gar nicht anzusehen war, dass er marode war. Ein gesunder Baum wird bei Windstärke sieben bis acht normalerweise nicht entwurzelt, wenn er nicht ohnehin schadhaft war (OLG Düssel­dorf, Az. 4 U 73/01).

 

Schäden an der Wohnungs­einrichtung:

Hausratversicherung. Hat ein Unwetter auch im Haus gewütet, zum Beispiel weil ein Sturm das Dach abgedeckt hat, ersetzt die Hausratversicherung Schäden an der Einrichtung. Allerdings: Wenn der Kunde einfach nur vergessen hat, die Fenster zu schließen und ein Regenguss Teppiche und Möbel beschädigt hat, gibt es kein Geld. Wohl aber, wenn ein Blitz ins Haus einschlägt und elektrische Geräte lahmlegt.

Bei Kurzschluss oder Überspannungsschäden durch Blitzeinschlag in eine Überlandleitung ist die Sache allerdings nicht so klar: Überspannungsschäden sind nicht in jedem Vertrag versichert, können aber eingeschlossen werden. Nicht versichert sind hingegen Gartenmöbel, Blumenkübel oder Skulpturen, die auf einer offenen Terrasse stehen (Amtsgericht München, Az. 251 C 19971/06).

Lediglich Markisen und Antennen, die zur Wohnung des Versicherungsnehmers gehören, sind mit versichert. Tipp: Welche Versicherer wofür leisten, zeigen unser Test Hausratversicherung und unser individueller Vergleich Hausratversicherung.

 

Schäden an Fahr­zeugen:

Vollkaskoversicherung. Sturmschäden an Autos und Motorrädern begleicht die Teilkasko, wobei mindestens Windstärke acht die Voraussetzung ist. Besser haben es Autofahrer mit einer Vollkaskoversicherung: Hier sind auch windbedingte Schäden unter Windstärke acht mitversichert. Der Versicherer ersetzt bei Teil wie Vollkasko auch Schäden durch herumfliegende Gegenstände wie Ziegel oder Äste. Wer allerdings wegen des Sturms einen Unfall verursacht, braucht schon eine Kfz-Vollkasko, um den Schaden ersetzt zu bekommen.

Bei Voll- und Teilkasko­versicherung müssen Betroffene Schäden bis zu der gewählten Höhe ihrer Selbstbeteiligung selbst tragen. Ein Rückstufung nach einem Schaden gibt es in der Teilkasko nicht, wohl aber in der Vollkasko. Tipp: Günstige Tarife finden Sie in unserem aktuellen Vergleich Autoversicherung.

 

Haftender Grundstückseigentümer:

Wenn Dachziegel, Äste oder Bäume von einem Grundstück aufs Auto fallen, kann sich der Autobesitzer aber zunächst an den Grundstückseigentümer wenden. Dieser muss aber nur Schadenersatz zahlen, wenn ihn auch eine Schuld trifft. Das heißt, er muss seine „Verkehrssicherungspflicht“ verletzt haben. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Baum ganz offensichtlich morsch oder ein Dachstuhl ohnehin marode war. Ähnlich sieht es aus, wenn ein Verkehrsschild aufs Auto stürzt. Wenn es sauber verankert und in Ordnung war, muss die Stadt keinen Schadenersatz leisten, denn auf extreme Wetterlagen müssen Schilder nicht ausgelegt sein (OLG Koblenz, Az. 12 U 11/03). Wann die Haft­pflicht einspringt.

 

Haftpflichtversicherung:

Teuer kann ein Sturm nicht nur für Immobilieneigentümer oder Autobesitzer werden. Auch Mieter riskieren Kopf und Kragen, wenn sie keine Haftpflichtversicherung haben. Schon ein vom Balkon gewehter Blumentopf kann einen Fußgänger treffen. Wenn der dann lebenslange Schäden erleidet, kann das zum finanziellen Ruin führen.
Denn dem Geschädigten steht Schadenersatz zu. Die Haftpflichtversicherung greift auch, wenn Dachziegel zum Beispiel auf ein geparktes Auto fallen und der Besitzer Schadenersatz verlangt. Zumindest einem „normalen“ Sturm muss ein ordentlich gewartetes Dach standhalten (Landgericht Koblenz, Az. 13 S 16/06). Tipp: Dass sehr guter Schutz nicht teuer sein muss, zeigt unser Test Haftpflichtversicherung.

 

Pflicht zur Meldung:

Generell gilt: Schäden sind der Versicherung unverzüglich zu melden. Das heißt: ohne schuldhafte Verzögerung, am besten schon am nächsten Tag. Betroffene sollten bei ihrem Versicherer anrufen oder eine E-Mail schicken. Beim ersten Anruf müssen sie meist noch keine genauen Angaben zu den Schäden machen.

Pressemeldung: Stiftung Warentest.

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