In der Lemgoer Kirche St. Nicolai ist der Lippische Orgelsommer 2017 in besonderer Weise ausgeklungen. Das renommierte Posaunenquartett „opus 4“ aus Leipzig gestaltete mit St.-Nicolai-Kantor Friedemann Engelbert ein beeindruckendes Konzert. Neben frühbarocken Werken erklangen neuzeitliche Bearbeitungen eines Lutherchorals.

Friedrich Brakemeier, Initiator der Reihe, die vom Lippischen Heimatbund und der Lippischen Landeskirche organisiert wird, zog ein positives Fazit. Das Konzept Kaffee, Konzert und Kirche sei auch im 12. Jahr aufgegangen – mit der Verbindung von Heimatkunde und Musik auf hohem Niveau. Die sieben Veranstaltungen in Lemgo, Bergkirchen, Lage, Bösingfeld, Schlangen bis Augustdorf hätten rund 2.000 Gäste besucht. In diesem Jahr standen lutherische Gemeinden im Mittelpunkt. Im kommenden Jahr soll der Schwerpunkt auf Familien mit Kindern gelegt und unter Mitwirkung der Orgel-Kids das Instrument den Jüngsten näher gebracht werden.

Die Kirche St. Nicolai birgt mit ihrer 800 Jahre alten Tradition so viele Attraktionen, dass die Kirchenführung in drei Gruppen erfolgte. Während Gertrud Brenker und Gerhard Wellmer den gotischen Innenraum beleuchteten, bot Küster Gerd Borchers Turmbesteigungen an, die der älteste Teilnehmer mit 86 Jahren bewältigte. Die zwei Türme sind eine Besonderheit, denn nur der Südturm gehört zur Kirche, während der Nordturm der Stadt gehört und als Wachturm diente. Von St. Nicolai aus nahm die Reformation in Lippe 1527 ihren Lauf.

Rund 300 Musikliebhaber und Kulturinteressierte füllten die Bänke beim Konzert, das eine Canzona von Biagio Marini (1597-1663) mit Barockposaunen und Orgel eröffnete. Das Posaunenquartett  „opus 4“ harmonierte bestens mit der dreimanualigen Steinmann-Orgel von 1968. Engelbert spielte über die Distanz punktgenau mit dem Leipziger Ensemble und verlieh seinen Orgelpassagen passende Klangfarben. Bei der „Sonata piano e forte“ von Giovanni Gabrieli zog die weiche Tongebung der Bläser, zum Teil Posaunisten des berühmten Gewandhausorchesters, dynamisch in den Bann. Vor dem Altar reüssierte das Quartett solistisch mit virtuosen Renaissancewerken von Don Carlo Gesualdo, Josquin de Prez und Luis de Victoria.

Die dramatische Orgelsprache der neuzeitlichen Bearbeitung des Lutherchorals „Aus tiefer Not schrei ich zu Dir“ von Manfred Kluge (1928-1971) brachte Kirchenmusikdirektor Engelbert souverän zu Gehör. Die Fantasie über den gleichnamigen Choral von Kurt Grahl (*1947) für vier moderne Posaunen klang dagegen versöhnlich.

In einer Bearbeitung des Brandenburgischen Konzertes Nr. 3 von Bach überschlugen sich die Klangwellen in rasantem Tempo, während die Musiker stilsicher durch alle Tonarten modulierten. Im Wechsel zwischen Orgel und Posaunen beeindruckten prächtige Klangflächen in Werken des italienischen Frühbarocks von Cesario Gussago, Guiseppe Guami und Giovanni Gabrieli. Zum Ausklang wurde der Lutherchoral „Ein feste Burg ist unser Gott“ mit allen Gästen angestimmt. Das begeisterte Publikum spendete viel Applaus.

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