Als Folge des mehrfachen Kindesmissbrauchs in Lügde wird das Jugendamt Lippe seine internen Prozesse weiterentwickeln und neue Strukturen schaffen. Dadurch soll der Missbrauch von oder Gewalt gegen Kinder frühzeitig erkannt werden. Damit das Jugendamt diesem Anspruch gerecht wird, sind mehrere Maßnahmen geplant oder bereits umgesetzt. Zudem versuchen die Mitarbeiter, den betroffenen Familien durch verschiedene Angebote direkt zu helfen.

„Eine unserer wichtigsten Aufgaben ist es, den betroffenen Kindern, aber auch insgesamt von Missbrauch betroffenen Kindern und Jugendlichen Unterstützung anzubieten. Wir müssen aber auch daran arbeiten, das Vertrauen in die Verwaltung und unser Jugendamt wieder zu stärken. Ich denke, dass wir mit dem nun vorgestellten Maßnahmenpaket auf einem guten Weg sind“, erklärt Landrat Dr. Axel Lehmann.

 

Unterstützung für Betroffene:

Derzeit sind 40 Betroffene bei der Polizei bekannt, 12 der Kinder leben im Zuständigkeitsbereich des Kreisjugendamtes. Der Allgemeine-Soziale-Dienst (ASD) berät im Auftrag des Kreises die jeweiligen Familien. Darüber hinaus vermittelt das Jugendamt weitere Beratungsangebote sowie psychologische und psychiatrische Hilfen. So ist etwa auch eine Übersicht über Hilfsangebote und Leistungen an die Eltern verschickt worden.

„Durch die Ermittlungen und die gesetzlichen Vorgaben stehen uns leider nur begrenzte Möglichkeiten zur Verfügung, den Familien zur Seite zu stehen. Diese schöpfen wir aber vollumfänglich aus, denn wir dürfen die Kinder und die Eltern jetzt nicht allein lassen. Wir müssen ihnen Angebote aufzeigen, die sie nutzen können, um die grausamen Taten zu verarbeiten,“ bekräftigt Karl-Eitel John, zuständiger Verwaltungsvorstand.

Als allgemeine Hilfsangebote hatte der Kreis frühzeitig eine Telefonhotline geschaltet und die SOS-Beratung vor Ort eingerichtet. Zusätzlich ist auch die Regionale Schulpsychologische Beratung Lippe tätig. Sie kommt der hohen Nachfrage der Schulen aus dem Bereich Blomberg und Lügde nach.

 

Interne Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Prozesse:

Anhand des Einzelfalls Lügde hat das Kreisjugendamt in Zusammenarbeit mit dem Landesjugendamt eine Fallanalyse durchgeführt. Auf deren Grundlage und unabhängigen, internen Überlegungen zu strukturellen Weiterentwicklungen sind verschiedene Maßnahmen abgeleitet wurden. So hat das Jugendamt etwa seine Qualitätsstandards und Abläufe bei Meldungen zur Kindeswohlgefährdung überprüft. Künftig tauschen sich die Mitarbeiter untereinander noch intensiver aus.

Meldungen und Einschätzungen aus verschiedenen Fachbereichen, wie zum Beispiel dem Gesundheitsamt oder der Beratungsstelle, werden stärker in die Fallbetrachtung eingebunden. Weiterhin können sich die Mitarbeiter über Fortbildungs- und Qualifikationsangebote weiterbilden. Mitarbeiter des ASD erhalten in den Regionalbüros eine Fachberatung.

Für kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen im Bereich Kinderschutz hat sich eine Steuerungsgruppe unter anderem aus dem Jugendhilfebereich, der Polizei und dem Gesundheitsamt gebildet. Die Vernetzung der Akteure soll individuelle Prozesse erarbeiten. Die ergänzende Fachstelle Kinderschutz wird zurzeit ausgeschrieben und soll zum nächstmöglichen Zeitpunkt ihre Arbeit aufnehmen.

 

Externe Maßnahmen mit Partnern:

In der vergangenen Sitzung des Jugendhilfeausschusses wurde über einen Präventionsfonds diskutiert. Der Idee der Verwaltung, Präventionsprogramme zu sexualisierter Gewalt und Kinderschutz mit 25.000 Euro zu unterstützen, stimmte die Politik mehrheitlich zu. Bereits jetzt ist die Nachfrage nach Fördermöglichkeiten sehr hoch. Ein Konzept, wie die Mittel vergeben werden, ist in Bearbeitung.

Innerhalb des Kreises hat sich das Kreisjugendamt mit den städtischen Jugendamtsleitungen ausgetauscht: Fälle sollen nur noch persönlich übergeben werden und selbst nach einem Umzug schließt das Jugendamt den Fall nicht gleich ab. Ein weiterer Austausch über die Zusammenarbeit über Landesgrenzen hinweg findet Ende Mai mit dem Jugendamt Hameln-Pyrmont statt. Hierbei soll auch noch einmal der Fall Lügde besprochen werden und wie mit grenzübergreifenden Fällen künftig umgegangen werden muss.

Im Laufe des Jahres gibt es zudem verschiedene Veranstaltungen, bei denen Fachkräfte für das Thema sensibilisiert werden. Im Juni ist beispielsweise das Fachreferat „Aus schwierigen Kinderschutzfällen lernen“ geplant. Im November findet das Kinderschutzforum statt.

«« vorheriger Beitrag: TBV Lemgo Lippe erhält Lizenz ohne Auflagen | nächster Beitrag: Apotheken Notdienst an Ostern »»